Zu-Bett-Geh-Tipps | TMX Gastbeitrag
Schlaf ist der wichtigste Regenerationsbooster – insbesondere für, aber längst nicht nur, Sportler:innen. Schlaf ist unsere tägliche Ruhephase und die hat es, mit Blick auf unsere Regeneration, in sich! Denn während des Schlafens repariert sich der Körper durch die Ausschüttung von Wachstumshormonen und der Bildung neuer Immunzellen selbst. Durch die Stimulierung des Parasympathikus, unserem sogenannten „Entspannungsnerv“, entspannt sich die komplette Muskulatur: der Tonus wird verringert, Herzfrequenz und Blutdruck sinken.
Darum auch ist ein elementares Verständnis darüber, wie Schlaf funktioniert, was er für den menschlichen Organismus leistet und welche Faktoren ihn fördern oder hemmen, eine gute Voraussetzung dafür, auf Dauer physisch und psychisch leistungsfähig und gesund zu bleiben. Denn: Sobald die Schlafarchitektur – zu der auch Einschlafen und Aufwachen zählen – dauerhaft negativ verändert ist, werden wir anfälliger für vielfältige Beeinträchtigungen und Krankheiten. Wer dauerhaft oder regelmäßig schlecht schläft, ist nicht in der Lage, das volle Potenzial zu entfalten.
Dürfen wir vorstellen: 10 wirksame Zu-Bett-Geh-Routinen
Die folgenden Top-10 der Zu-Bett-Geh-Routinen haben sich für unseren Autor Andre Alesi, Gründer des Instituts für Schlaf und Regeneration, in der Praxis als besonders sinnvoll und hilfreich erwiesen:
1️⃣ Von Hell nach Dunkel
Dieses einfache Prinzip lässt sich im Alltag oft gar nicht umsetzen. Denn gerade die künstlichen Lichtquellen „locken“ am Abend: Handys, Smartphones und Fernsehgeräte emittieren blaue Lichtspektren. Diese hellen Lichtimpulse unterdrücken die Produktion von Melatonin, das Hormon, das den Tag-Nacht-Rhythmus des menschlichen Körpers steuert und schlaffördernd wirkt.
Zudem werden Wohnräume vornehmlich am Abend hell erleuchtet. All das stört jedoch unsere innere Uhr und sorgt dafür, dass wir verspätet in den Schlaf finden.
💡 Daher folgende Tipps:
Sobald die Sonne untergeht, Blaulichtfilter nutzen. Also ab dem frühen Abend die Nightshift- bzw. Blaulichtfilterfunktion von Smartphones, Tablets oder Notebooks einschalten. Bei manchen Geräten lässt sich eine Zeit einstellen, zu der sich der Filter automatisch aktiviert. Wenn das Gerät nicht standardmäßig über eine Blaulichtfilterfunktion verfügt, lässt sich diese als Software beziehungsweise App (z.B. F.Lux) nachrüsten. Die Beleuchtungsstärke im Wohnraum solltest du möglichst dimmen. Als Faustregel gilt: Je später der Abend wird, desto niedriger sollte die Licht-Intensität sein. „Natürliche Lichtquellen“ hingegen (z.B. Kerzenlicht, Kaminfeuer etc.) unterstützen den Prozess des zur Ruhekommens und in den Schlaffindens.
2️⃣ Von Warm nach Kühl
Evolutionsbiologisch sind wir Menschen es gewohnt, dass mit Einzug der Nacht auch die Temperatur sinkt. Daher solltest du darauf achten, deinen Schlafraum möglichst kühl zu halten. Eine ideale Schlaftemperatur liegt zwischen 16 und 18 Grad.
Ein Blick auf die Bettausstattung kann ebenfalls zu einer verbesserten Schlafqualität führen. Bettdecken, die zu warm sind, ein Schlafanzug aus Microfaser oder ein nicht atmungsaktives Kissen können zu einem Hitzestau führen und den Schlaf empfindlich stören.
3️⃣ „Wer schreibt, bleibt“
Sorgen vor dem Schlafengehen, einschließlich Sorgen über unvollendete zukünftige Aufgaben, tragen erheblich zu Einschlafproblemen bei (Scullin, Krueger, Ballard, Pruett, & Bliwise, 2018). Es hat sich als sehr nützlich für eine bessere Schlafqualität erwiesen, vor dem Zu-Bett-Gehen eine kleine Liste zu verfassen, die die wichtigsten To Dos des kommenden Tages zusammenfasst und den abgelaufenen Tag kurz Revue passieren lässt. Idealerweise konzentriert man sich dabei auf die positiven Herausforderungen und Erlebnisse. So werden Geist und Seele trainiert und ist auch in unruhigen Lebensphasen gut auf einen erholsamen Schlaf vorbereitet.
4️⃣ Stop Drinking!
„Stop Drinking“ bezieht sich auf den Konsum von Alkohol, denn Alkohol zählt zu den massivsten Schlafräubern. Zunächst wiegt er in Sicherheit, da man schneller einschläft, im Verlauf der Nacht allerdings schlägt das „Gläschen zu viel“ empfindlich negativ zu Buche. Warum? Alkohol verzögert jegliche Form der körperlichen und psychischen Regeneration (Spaak, Bhatlekar, & Riestra, 2018). Die Enzyme in der Leber verstoffwechseln Alkohol nur sehr langsam. Dadurch verteilt sich Restalkohol weiterhin im ganzen Körper. Daher gilt gerade für Schlechtschläfer:innen „Stop Drinking!“.
5️⃣ Stop Eating... – kurz vor dem Zubettgehen
Eine späte Mahlzeit erhöht nicht nur das Adipositasrisiko, sondern ist auch mit einem unruhigen Schlaf verbunden. Das ist so, weil unser Körper nach opulenten Mahlzeiten viel Energie für den Verdauungsprozess aufbringen muss – und das über mehrere Stunden hinweg. Da auch die an der Verdauung beteiligten Organe während des Schlafs herunterfahren wollen, gibt es einen „körperinternen“ Konflikt. Der Magen-Darm-Trakt muss arbeiten, obwohl er »ruhen« soll.
Natürlich ist nicht nur die Menge an Nahrung, sondern auch ihre Zusammensetzung und Zubereitung entscheidend. Fettes liegt bekanntlich schwer im Magen und braucht länger zur Verdauung als Leichtverdauliches wie etwa gedünstetes Gemüse. Ebenfalls enorm lecker, aber für einen guten Schlaf kontraproduktiv, ist scharfes Essen – Schärfe belebt Körper und Geist. So verwundert es nicht, dass beispielsweise das in Chili enthaltene Capsaicin den Schlaf rauben kann. Die Schärfe erhöht die Körpertemperatur und führt dadurch zu Einschlafstörungen und einem eher oberflächlichen Schlaf in der ersten Nachthälfte (Edwards, Montgomery, Colquhoun, Jordan, & Clark, 1992).
6️⃣ Kurzer Spaziergang am Abend
Um unseren Körper und unseren Geist auf die bevorstehende Nacht gut vorzubereiten, kann ein abendlicher, entspannter Spaziergang Wunder wirken. Ohnehin gilt grundsätzlich, dass ein aktiver Lebensstil zu besserer Schlafqualität führt (Bisson, Robinson, & Lachman, 2019).
7️⃣ Heiß duschen oder ein entspannendes Bad
Studien haben ergeben (Sung & Tochihara, 2000), dass eine 20-minütige heiße Dusche oder ein warmes Bad ausreichen, um den Schlaf zu fördern. Das liegt daran, dass die Körpertemperatur eine wichtige Rolle bei der Regulierung des zirkadianen Rhythmus spielt. Dieser signalisiert unserem Körper, wann er sich schläfrig oder wach fühlen soll. Durch das Duschen/Baden wärmt sich der Körper auf und kühlt im Anschluss wieder ab. Der Wechsel von heiß zu kalt ist eine Möglichkeit, den Körper herunterzufahren und hilft, den Schlafzyklus einzuleiten.
8️⃣ Atmung
Die Atmung ist eine der wenigen Möglichkeiten aktiv Einfluss auf unser autonomes Nervensystem zu nehmen (Lanfranchi & Somers, 2010).
Probier’s aus: Schaffe dir zunächst eine ruhige Atmosphäre. Gehe dann in eine entspannte Rückenlage oder aufrechte Sitzposition. Atme ruhig durch die Nase ein und aus. Achte darauf, nicht zu flach zu atmen und beim Einatmen den Bauchraum sanft anzuheben. Die Zeit der Ausatmung sollte ungefähr doppelt so lang sein wie die Zeit der Einatmung. Achte auf die Gleichmäßigkeit der Atmung.
9️⃣ Entspannung
Entspannung bedeutet für jede:n etwas anderes. Achte insbesondere darauf, dass die von dir ausgeführte Tätigkeit die Herzrate nicht beschleunigt und du deinen Gedanken freien Lauf lassen kannst. Zu meditieren ist wohl eine der besten Möglichkeiten einen stressigen Alltag hinter sich zu lassen. In einer Studie aus dem Jahr 2015, die in der Fachzeitschrift JAMA Internal MedicineTrusted Source veröffentlicht wurde, untersuchten Forscher:innen, wie sich Achtsamkeitsmeditation auf 49 Erwachsene mit moderaten Schlafproblemen auswirkte. Die Teilnehmer:innen wurden nach dem Zufallsprinzip in eine sechswöchige Meditations- oder eine Schlafhygieneerziehung eingeteilt. Am Ende der Studie zeigten sich in der Meditationsgruppe weniger Schlaflosigkeitssymptome und weniger Tagesmüdigkeit. (Black, Reilly, Olmstead, Breen, & Irwin, 2015).
🔟 Schäfchen zählen
Funktioniert das Schäfchenzählen wirklich? So weit verbreitet die Methode auch ist, es gibt nur wenige Belege für ihre Wirksamkeit. In einer durchgeführten Schlafstudie fanden Forscher:innen aus Oxford heraus, dass Menschen, die Schafe zählten, sogar länger brauchten, um einzuschlafen. Besser hilft die Vorstellung von schönen Orten (Strand, Bergen...) oder angenehmen Erinnerungen.
Zum Autor:
André Alesi ist Geschäftsführer des Instituts für Schlaf und Regeneration im baden-württembergischen Schramberg. Als Schlaf- und Regenerationsexperte betreut er Spitzensportler:innen sowie Privat- und Geschäftskundinnen und -kunden. Seit über 15 Jahren gestalten André Alesi und sein Team Schlafräume, entwickeln Produktlösungen und verhelfen Menschen zu einem besseren Schlafumfeld.
2021 erschien das Fachbuch „Endlich richtig ausgeschlafen: Bewährte Konzepte für gute Nächte“ von Andre Alesi und Lutz Graumann bei bodyLIFE Medien (ISBN 3982219302).
Literatur:
Bisson, A., Robinson, S., & Lachman, M. (October 2019). Walk to a better night of sleep: testing the relationship between physical activity and sleep. Sleep Health, S. 487-494.
Black, D., Reilly, G., Olmstead, R., Breen, E., & Irwin, M. (2015). Mindfulness Meditation and Improvement in Sleep Quality and Daytime Impairment Among Older Adults With Sleep Disturbances. AMA Intern Med, S. 494-501.
Crispim, C., Zimberg, I., Reis, B., Diniz, R., Tufik, S., & Mello, M. (December 2011). Relationship between Food Intake and Sleep Pattern in Healthy Individuals. J Clin Sleep Med., S. 659-664.
Edwards, S., Montgomery, I., Colquhoun, E., Jordan, J., & Clark, M. (September 1992). Spicy meal disturbs sleep: an effect of thermoregulation? Int J Psychophysiol, S. 97-100.
Lanfranchi, P., & Somers, V. (1. November 2010). Cardiovascular Physiology: Autonomic Control in Health and in Sleep Disorders. Cardiovascular Medicine, S. 226-236.
Scullin, M., Krueger, M., Ballard, H., Pruett, N., & Bliwise, D. (2018). The Effects of Bedtime Writing on Difficulty Falling Asleep: A Polysomnographic Study Comparing To-Do Lists and Completed Activity Lists. J Exp Psychol Gen. , S. 139-146.
Spaak, J., Bhatlekar, S., & Riestra, T. (2018). Acute Effect of Alcohol Intake on Cardiovascular Autonomic Regulation During the First Hours of Sleep in a Large Real-World Sample of Finnish Employees: Observational Study. JMIR Ment Health.
Sung, E., & Tochihara, Y. (Januar 2000). Effects of bathing and hot footbath on sleep in winter. J Physiol Anthropol Appl Human Sci, S. 7-21.